Lesen Sie hier einen Reisebericht, von einer Gruppe, die mit uns unterwegs auf einer Flusskreuzfahrt mit der

A-ROSA auf der Rhône war. Vielen Dank an Helmut Schelhorn für den sehr interessanten Bericht und die Bilder.

 

Unsere Lehrfahrt 2017 nach Südfrankreich –

erstmals als Flusskreuzfahrt

Flusskreuzfahrten sind im Trend. Können wir auch unsere Mitglieder dafür gewinnen? Diese Frage stellte sich im Herbst 2016, als eine Kreuzfahrt auf der Rhone für das Frühjahr 2017 organisiert und ausgeschrieben wurde.
Unser Reisepartner, der NE-Landwirt Dieter Vogt aus Württemberg-Hohenlohe mit seinem ReiseService VOGT Team errechnete, dass mindestens 25 Teilnehmer zusammen kommen müssen, damit sich eine vernünftige Preiskalkulation ergibt. Nach relativ kurzer Zeit hatten wir einen Anmeldestand von 36 Personen! Somit war die Ausrichtung der Fahrt sehr früh gesichert, obwohl der angebotene Termin ein Frühjahrstermin war und somit manch einer vielleicht auch etwas Sorge wegen der Witterung und den möglichen Temperaturen in sich verspürte. Gesundheitsbedingte Absagen reduzierten die Teilnehmerzahl etwas, so dass schließlich 33 Personen am 28.03. zur mitternächtlichen Stunde auf die Reise gingen. Bedingt durch die lange Gesamtstrecke von über 900 km war ein Fahrerwechsel an der Rastanlage Hohenlohe notwendig, damit Fahr- und Schichtzeiten den gesetzlichen Vorgaben entsprechend eingehalten wurden.

 

Bei langsam beginnendem Morgengrauen waren wir im Breisgau nordwestlich von Freiburg angekommen und freuten uns nun auf ein Frühstücksbuffet in einem Bauernhofcafe. Die Familie führte früher einen intensiven Ackerbaubetrieb mit Eierproduktion (4000 Hühner) in Käfig- und Bodenhaltung. Im Zuge der Hofübergabe (von den 6 Kindern war nur das Nesthäkchen, die damals 21 Jahre alt war und gelernte Gärtnerin ist, zur Übernahme bereit) wurde die Landwirtschaft Zug um Zug zurückgefahren und an der Hofstelle ein Cafe (80 Sitzplätze im Winter, plus die gleiche Zahl im Sommer im Außenbereich) errichtet, das von Einheimischen, Busgruppen (der Ort liegt günstig zur Autobahn) und Urlaubern (es sind nur wenige Kilometer zur beliebten Urlaubsregion Kaiserstuhl) gut angenommen wird. Daneben ist der Hofladen mit Schwerpunkt Bäckerei und Konditorei ein weiteres Standbein. Gekrönt wird der Erlebnis- und Einkehrwert durch ein Museum mit Ausstellungsstücken zur technischen Entwicklungsgeschichte in Landwirtschaft, Handwerk und im Haushalt der letzten 100 Jahre. Dieses Museum ist fast einmalig und höchst informativ; es befindet sich dort, wo früher die Hühner gehalten wurden und ist vom Senior liebevoll und fachmännisch zusammen gestellt worden. – Ursprünglich ein Hobby,  ist das Museum heute ein wichtiger Bestandteil des Geschäftsmodells. Leider konnten wir die junge Chefin, inzwischen 35 Jahre alt, selbst nicht kennenlernen, da sie zur gleichen Zeit ebenfalls auf Reisen war. Die engagierte, gewandte und innovative Unternehmerin wurde 2014 als Unternehmerin des Jahres ausgezeichnet. Sie hat zwischenzeitlich die Qualifikation „SocialMedia und Online Marketing Managerin“ erworben und bietet für interessierte Unternehmen, Institute, Verbände und Gruppen spezielle Schulungen hierfür an, mit Schwerpunkt in der Winterzeit, wenn das Museumscafe geschlossen oder weniger Besucher hat. In der Gründungsphase war ihr Unternehmen ein 2-Personen-Betrieb mit einer Aushilfskraft; heute ist es ein nach wie vor wachsendes Unternehmen mit über 30 Mitarbeitern, davon 4 in Vollzeitbeschäftigung. Gestärkt, erholt und fröhlich ging es nach 2 Stunden weiter Richtung Lyon; von der Gesamtstrecke hatten wir schon die knappe Hälfte geschafft.

Im Vorbeifahren wollten wir den Kaiserstuhl und sein Umfeld etwas näher kennenlernen. Landwirtschaftlich ist es ein intensiv genutztes fruchtbares Land (Gemüse, Obst und Wein sind neben den sonstigen Kulturen sehr dominant). Geologisch sind zwei Phänomene bestimmend. Zum einen ist es die Absenkung des Oberrheingrabens (begonnen vor ca. 50 Millionen Jahren) und die gleichzeitige Anhebung der Randpartien (Vogesen, Schwarzwald, Odenwald, Taunus). Zum anderen wurde vor rund 15 Millionen Jahren der Kaiserstuhl durch vulkanische Aktivitäten gebildet, der damals die Oberrheinebene wohl mehr als 1000 Meter überragt haben dürfte. In jüngerer Zeit, der letzten Eiszeit vor etwa 50 – 100 000 Jahren, wurden vorwiegend auf den Nordhängen des Vulkanberges Lößschichten von bis zu 30 m Mächtigkeit abgelagert. In Verbindung mit dem sehr günstigen Klima dort profitiert vor allem der Weinanbau von der Vielfalt der unterschiedlichen Böden. Die Winzergenossenschaft Breisach ist eine der größten Deutschlands.

Unsere weitere Fahrt führte uns sehr zügig über das Elsass und Burgund (mit einem weiteren Stopp für ein Mittagspicknick an einer Rastanlage) in die drittgrößte französische Stadt Lyon.
Sehr zielstrebig suchten wir inmitten der Stadt die Anlegestelle der Kreuzfahrtschiffe und waren um 14:30 Uhr zum Einchecken an Bord der A-ROSA Luna angekommen. Neugierig bezog jeder seine Kabine und war angenehm überrascht über die freundliche und gemütliche, aber auch zweckmäßige Ausstattung. Natürlich musste man sich aber auch an die wohldimensionierte Größenordnung einer Schiffskabine erst gewöhnen. Wohltuend auch die besondere Freundlichkeit des gesamten Personals und die stets erkannte und gepflegte Gründlichkeit bei Sauberkeit und Hygiene. Sich Wohlfühlen und Erholen, dazu der Genuss bei feinen und abwechslungsreichen Speisen und Getränken, in wechselnden Tischrunden oder Gesprächskreisen. So war das bald erkannte und gewollte Motto auf dem Schiff für die nächsten fünf Tage.
Zu gegebener Zeit setzte sich das Schiff – und mit ihm das Schwesterschiff A-ROSA Stella - in südlicher Richtung in Bewegung. Angenehm das sehr sanfte Geräusch der Motoren (auch bei der Nachtruhe!) und das begleitende Panorama am langsam wechselnden oder vorbeiziehenden Ufer. Besonders in Lyon zu Beginn und am Ende der Schiffsreise mussten Führerhaus und andere Deckaufbauten abgesengt oder umgelegt werden – was bei den für die Rhonekreuzfahrt maßgefertigten A-ROSA-Schiffen ohne viel Arbeit mit eingebauter Hydraulik vollzogen wurde. Der Grund für diese Notwendigkeit waren bestehende Brückenbauwerke mit begrenztem Höhenstand im Bezug  zur Normalhöhe der Schiffe.

Auf der etwa 270 km langen Strecke von Lyon nach Arles verliert der Fluss 164 Höhenmeter. Da die Rhone der wasserreichste Fluss Frankreichs ist, wird dieser Höhenunterschied durch eine große Zahl von Wasserkraftwerken – auf der zurückgelegten Strecke waren es 12 – genutzt. In Frankreich hat die Atomenergiegewinnung einen unverändert hohen Stellenwert. So sind zwischen Lyon und dem Flussdelta bei Arles sechs Atomkraftwerke angereiht. In Verbindung mit den Kraftwerken, waren auf Hin- und Rückfahrt jeweils 12 Schleusenkammern mit entsprechenden Senkungs- und Hubvorgängen (Durchschnitt: 13,5 m; max.: 23 m)  fester Bestandteil der Schiffsreise.
Hierbei zeigte sich der Vorteil der maßgefertigten Schiffe, die 125,8 m lang und 11,4 m breit sind (die Schleusenkammern sind 190 m lang und 11,5 m breit). In bewundernswerter Geschwindigkeit und Routine fuhren die Steuerleute die wendigen Schiffe in die Wasserbauwerke hinein und heraus. Gebaut wurden die A-ROSA-Schiffe auf der Neptun Werft in Rostock und 2005 gemeinsam in einem aufwendigen Seetransport an die französische Mittelmeerküste gebracht; sie haben 86 Außenkabinen auf 3 Ebenen und bieten Platz für 174 Passagiere. Die Reederei A-Rosa mit Sitz ebenfalls in Rostock hat heute 11 eigene Schiffe, mit Flusskreuzfahrten auf  Donau, Rhone, Rhein und Mosel.

 

Ein erster Schiffsstopp war nach 13 Stunden (am nächsten Tag = Donnerstag, gegen 13:00 Uhr) in der 3 400 Einwohner großen mittelalterlich geprägten Stadt Viviers, die etwa 165 km südlich von Lyon und etwa auch 100 Meter tiefer liegt (Höhenlage am Fluss: 55 m ü. N.). Mit dem Auto oder Bus hätte man die Strecke in weniger als 2 Stunden geschafft, da hierfür die Autobahn nach Marseille genutzt hätte werden können. Wir interessierten uns jedoch nicht für das Städtchen, sondern für den Regionalen Naturpark Monts d`Ardeche und im Besonderen für den Fluss Ardeche. Dieser hat sich im Laufe der Geschichte in ein tiefes (bis zu 250 Meter), schmales und steilwandiges Tal eingegraben. Da er gleichzeitig auf seiner nur 125 km langen Fließstrecke bis zur Einmündung in die Rhone fast 1 400 Meter an Höhe verliert, ist er bei Kanu- und Kajaksportlern weltweit bekannt und beliebt. Auf einer Höhenstraße entlang des Flusslaufes wollten wir uns einige Einblicke gönnen – leider war die Straße bei unserer Anwesenheit gesperrt. Trotzdem konnten wir wenigsten die berühmte natürliche Steinbrücke Pont d`Arc, wo die Ardeche ein Felsentor im Kalkgestein geschaffen hat, bewundern.
Eine weitere Berühmtheit ist dort eine Karsthöhle, die erst vor wenigen Jahren durch Zufall entdeckt wurde. Wahrscheinlich einmalig sind die dort gefundenen Höhlenmalereien aus der Frühsteinzeit, die also wenigsten 5 000 Jahre alt und nur deshalb noch in einer besonderen Farbqualität sein dürften, weil die Höhle durch einen späteren Felssturz hermetisch abgeschlossen (versiegelt) wurde. Sie darf daher auch nicht besichtigt werden, um die Malerei zu erhalten. Für Interessierte wurde an geeigneter Stelle eine künstliche Höhle mit den Darstellungen gebaut.

Auf dem Hochplateau des Mittelgebirges wird auch Landwirtschaft zur Versorgung der regionalen Bevölkerung betrieben. Wir besuchten einen Landwirt, der Wein (35 ha  Rebfläche) und Lavendel (5 ha) anbaute. Im Familienbetrieb, seit Generationen geführt, sind neben dem Betriebsleiter (die Ehefrau ist Lehrerin) und den Altenteilern nur Saisonkräfte zur Pflege und Ernte beschäftigt. Bis 1997 wurden die Trauben insgesamt bei der Ernte an die Genossenschaft abgeliefert. Der Junior hat dann einen eigenen Tankkeller hingestellt, so dass er heute von 27 Hektar (4 Weißwein- und 3 Rotweinsorten) die Ernte selbstvermarkten kann (neben Direktvermarktung ab Hof, auch Belieferung regionaler Kunden sowie Läden und Gastronomie). Bei Lavendel (Ernte im August) wird das Erntegut an eine Destillerie geliefert. Dabei ist gesichert, dass jeder sein eigenes Öl zurück erhält und es auch selbst vermarkten kann. Als künftiges Standbein strebt der Betriebsleiter noch die Vermarktung von Olivenöl an. Im Anschluss an die Betriebsführung war selbstverständlich noch eine Verkostung einiger Weiß- und Rotweine seiner Kellerkunst, die uns gut mundete.

Natürlich muss man noch erwähnen, dass unser Ausflug an diesem Tag und bei weiteren Ausflugsfahrten (Samstag und Sonntag) jeweils im eigenen Bus gemacht wurden. Soweit erforderlich, begleitete der Bus uns also auf dem Lande, um an der jeweiligen Anlegerstelle für die geplante Fahrt bereit zu stehen. An 3 Tagen wurden wir von einer regionalen Führerin begleitet. Sie ist Deutsche, die in Avignon studierte, sich dort verliebte und für immer dort blieb. Am Abend fuhr das Schiff weiter nach Arles und hatte damit den südlichsten Punkt (30  km wären es noch zum Mittelmeer) – am Rande der Camargue, dem Rhonedelta – erreicht.

Arles, das heute knapp 53 000 Einwohner hat, war bereits zur Römerzeit ein wichtiger Standort. Das von Cäsar (46 v. Chr.) eingeleitete goldene Zeitalter für die Stadt erreichte seinen Höhepunkt  unter Kaiser Konstatin um 400 n. Chr.: Arles war Hauptstadt des römischen Westreiches. Imposante Monumente wurden damals geschaffen und sind noch heute gut erhalten. Das Amphitheater ist nach dem Kolloseum in Rom die zweitgrößte Arena aus der Römerzeit. Und es wird heute noch zur Ausrichtung von Stierkämpfen genutzt. Arles hatte auch – neben Rom – das einzige aus Stein gebaute Antike Theater, das 10 000 Zuschauern Platz bot (heute nur noch als Ruine erhalten). Diese und weitere Schätze aus mittelalterlicher Baukunst wurden von der Unesco zum Weltkulturerbe erhoben. Eng verbunden mit der Stadt ist der berühmte Maler Van Gogh, der krankheitsbedingt Ende des 19. Jh. als Patient hier war. Viele seiner Werke sind hier entstanden.
In einer Führung zu Fuß durch die Altstadt konnten wir die Bauwerke kennenlernen. Hilfreich war die Nutzung einer modernen Personenführungsanlage per Funkkontakt. So war das klare Hören der Erklärungen stets gegeben, auch wenn man nicht in vorderster Reihe der Gruppe stand. Natürlich wäre eine Fahrt durch die Camargue sicher auch interessant und abwechslungsreich gewesen, die zwischen den beiden Rhonearmen ein 750 km2 großes Gebiet aus Süß- und Salzwassersümpfen  bildet und  dazu etwas Landwirtschaft (Stierzucht) oder Reisfelder bietet. Mir war jedoch der Erholungscharakter der Reise wichtiger, als noch einen Programmpunkt aufzunehmen.  

Und Erholung pur konnten wir auf dem Sonnendeck des Schiffes während der nachmittäglichen Rück- bzw. Anfahrt nach Avignon ausgiebig genießen. Wegen niedriger Brückenbauwerke musste kurz  vor der Stadt auch hier das höhere Oberdeck dann wieder geräumt und bestimmte Aufbauten tiefer gestellt werden. Doch das etwas tiefere Frontdeck war dicht bevölkert, um das großartige Panorama dieser historischen Stadt (heute 92 000 Einwohner, davon 15 000 innerhalb der Stadtmauer)  mit vielen Prachtbauten, die auf einem Kalksteinfelsen am Ostufer  fußen, bei der Ankunft in vollen Zügen aufzunehmen. Obwohl schon später Nachmittag, machte sich unsere Gruppe mit unserer ortsansässigen Fremdenführerin gleich auf einen Stadtrundgang, um die imposanten Bauten vor Ort anzuschauen und erklärt zu bekommen. Da war zunächst die berühmte Brücke (Pont d` Avignon). Der Legende nach war ein Hirte Auslöser für deren Bau, in Wahrheit aber der Gründer eines Ordens, der Geld für den Brückenbau sammelte, weil dadurch die Pilgerfahrten gefördert wurden. Die 1177 – 85 gebaute Brücke war damals die einzige am Unterlauf der Rhone und brachte der Stadt großen wirtschaftlichen Aufschwung. Sie wurde mehrmals zerstört (bei Belagerungen oder durch Hochwasser). Im 17. Jh. wurde eine erneut notwendige Restaurierung nicht mehr durchgeführt. Heute stehen von den einst 22 Bögen (über die beiden Rhonearme und die mittig gelegene Insel) nur noch vier, die direkt an die Stadtmauer anbinden. Übrigens, kennen Sie das bekannte Lied “Sur le pont d`Àvignon“ von Mireille Mathieu? Die auf Befehl von Papst Innozenz VI.  ab 1355 zum Schutz des damals in voller Blüte stehenden Avignon errichteten 4,5 km langen Stadtwälle umgeben noch heute das gesamte historische Zentrum. Nach einem beträchtlichen Anstieg standen wir schließlich vor dem Palast der Päpste (Palais Vieux; gebaut von Benedikt XII. 1334 - 42) und (Palais Neuf; gebaut von Klemens VI. 1342 -52). Diese Monumente sind teils wuchtig, mit dicken Mauern und kleinen Fenstern, zur besseren Abwehr von Feinden, teils majestätisch als größte gotische Palastfestung. Insgesamt waren die Päpste seit 1309 für knapp 70 Jahre in Avignon, weil zu der Zeit aufgrund heftiger Machtkämpfe, im Vatikan Rom zu unsicher wurde. 1377 verlegte Gregor XI. den Papstsitz wieder nach Rom. Kurze Zeit später bei der Wahl seines Nachfolgers waren die französischen Kardinäle mit der Wahl seines Nachfolgers nicht einverstanden und wählten einen Gegenpapst, der seinen Sitz wieder in Avignon hatte. Diese Phase, das „Große abendländische Schisma“, endete erst mit dem Konzil von Konstanz 1414. Vollgepackt mit diesen und weiteren Eindrücken und Informationen kamen wir knapp 2 Stunden später zurück zum Schiff  und genossen Abendessen und Partysound.

Am nächsten Morgen hatte sich das Wetter etwas eingetrübt. Wolken hatten die Sonne verdrängt und leichter Nieselregen verlangte die Mitnahme des Schirmes. Am Vormittag hatten wir einen Ausflug zur Pont du Gard  und zu einem Gemüsebauern.
Die Römer hatten aufgrund ihrer Lebens- und Badegewohnheiten für die damalige Zeit einen ungewöhnlich hohen Wasserverbrauch (bis zu 450 l täglich pro Einwohner – bei uns liegt er heute bei 126 l). Um die südlich gelegene Stadt Nimes mit Wasser zu versorgen, bauten sie im 1. Jh. ein 50 km langes Äquadukt. Darunter sind Bauwerke zu verstehen, in denen das Wasser  ausschließlich nach dem Prinzip der Schwerkraft von der Quelle bis zum Endpunkt transportiert wird. Daher wurden diese „Wasserleitungen“ nie geradlinig, sondern unter Ausnutzung der Höhenlinien meist deutlich länger als es der direkte Abstand  nach Luftlinie (hier: 20 km) wäre. Schwierigkeiten gab es besonders dann, wenn aufwendige Brückenbauwerke dafür notwendig wurden. Der Fluss Gard mit seinem Tal war ein solches Hindernis. Um dies zu meistern, bauten sie am Ausgang der Schlucht eine Brücke mit außergewöhnlichen Ausmaßen: Sie ist 275 m lang, 6 m breit, 48 m hoch und hat drei übereinander erbaute Arkaden; die unterste Reihe hat nur 6 Bögen, in der mittleren zählt man bereits 11 Bögen und in der obersten Reihe bilden 35 Bögen den Unterbau für die Wasserleitung. Ein Museum in der Nähe erzählt mehr darüber. 1990 – vor also 27 Jahren – als ich mit einer Reisegruppe zum ersten Mal dort war, erlebte ich dieses einmalige Bauwerk noch frei zugänglich und genoss vor allem auch den Ausblick in die Schlucht von der noch nicht abgesperrten Brückenoberkante. Das imposante Bauwerk, seit 1985 UNESCO-Weltkulturerbe, das von einer wilden Umgebung noch unterstrichen wird, muss man gesehen haben!

Eingehen möchte ich noch auf den Mistral, einen kalten Nordwestwind, der besonders im unteren Rhonetal, also zwischen Lyon und dem Mittelmeer, häufig auftritt. Typisch ist beim Mistral ein wolkenloser, dunkelblauer Himmel, gute Fernsicht, nachts ein beeindruckender Sternenhimmel und ein erheblicher Abfall der Temperatur. Er kann tagelang wehen und tritt so häufig auf, dass die Bäume im Rhonetal oft in Windrichtung nach Süden hin gebogen sind. Die hohen Windgeschwindigkeiten (50 -75 km/h; in Spitzen über 135 km/h) führen zu einem starken Austrocknen der Böden und erhöhen auch die Waldbrandgefahr in der Provence. Mit verschiedenen Maßnahmen reagieren die Menschen im Rhonetal auf diese Naturgegebenheit. Häuser haben z. B. auf der Nordseite keine oder kleinere Fenster oder der Wein wird dort in deutlich niedrigerem Stock und Behang als bei uns angebaut.

Ab 12 Uhr mittags ging es mit dem Schiff weiter zur letzten Passage von Avignon nach Vienne. Laut Angabe waren wieder 22 Stunden geruhsame Schifffahrt vor uns mit einer Strecke von rund 200 km. In Vienne standen am Ufer neben unserem Bus, auch unsere Begleiterin für den letzten Ausflugstag in Frankreich. Lyon ist etwa 33 km von Vienne entfernt, über die Autobahn ein Kurztripp. Die Reiseleiterin nutzte die Anfahrtszeit sehr gut, um uns Erläuterungen allgemeiner Art zur Region und zur Stadt zu geben. In Lyon hatten wir drei Stopps:


1. Am Fourviere-Hügel mit der gleichnamigen Basilika. Das Wahrzeichen der Stadt wurde nach dem Krieg von 1870 gebaut, als Dank dafür, das Lyon vom Feind verschont wurde. Kirchen und römische Ruinen (Theater, Amphitheater) machen den besonderen Charakter des Quartiers aus – das unvergleichliche Panorama von dort auf die von Saone und Rhone durchflossene Stadt und die Umgebung ist ebenfalls außergewöhnlich.


2. Am Fuß des Hügels liegt die Altstadt von Lyon (UNESCO-Weltkulturerbe). In ihrem Baustil und geschichtlicher Prägung ist sie viergeteilt. In Vieux-Lyon sind großartige Gebäude im Stil von Gotik und Renaissance sowie die Kathedrale; das Viertel Saint-Jean ist von Traboules durchzogen, darunter versteht man Gänge und Passagen, die entlang oder quer zu Straßen angelegt sind. Man spaziert dabei durch Hausflure, durch Innenhöfe und Treppenhäuser; das Viertel Saint-Paul ist das Quartier des traditionellen Reichtums mit prachtvollen Renaissancegebäuden; das Viertel Saint-Georges ist das volkstümlichste und bescheidenste. Seine Bewohner waren zum größten Teil Flussschiffer und Handwerker. Hier liegen auch die Anfänge der Seidenweberei in Lyon.


3. Die Markthalle Paul Bocuse, diese gibt es seit 1970. Viele der rund 60 Händler wurden schon mit dem Michelin-Stern ausgezeichnet und setzen daher  Maßstäbe in der französischen und internationalen Küche. Viele Lyoner Meisterköche tätigen hier ihre Einkäufe, die Auswahl ist enorm, alles von bester Qualität und absoluter Frische. Und wer die Köstlichkeiten gleich vor Ort verspeisen möchte, kann dies selbstverständlich auch tun. Noch einige Worte zur Seidenweberei: Im 16. Jh. wurde diese besondere Form der Weberei in Frankreich eingeführt (durch Steuerbefreiung). Im 17. Jh. kam es dank technischer Fortschritte (Jacquard) und der Seidenraupenzucht in Südfrankreich (erfolgreicher Anbau des Maulbeerbaumes) zu einer Blütezeit. Da sich die Arbeitsbedingungen danach stets verschlechterten, kam es ab 1831 zu Revolten der Seidenweber. Heute leben nur noch sehr wenige Lyoner von der Seide.

Nach einem kurzen Zwischenstopp auf dem inzwischen auch in Lyon angekommenen Schiff zur Einnahme des Mittagessens ging es kurze Zeit später mit dem Bus weiter in das Weinanbaugebiet Beaujolais. Unser Ziel war ein Weingut, das von den Familien in der 8. Generation geführt wird. Ausgehend von der Bodenunterlage ist die Region dreigeteilt. Das  besuchte Gut liegt in der Region der lehm- und kalkhaltigen Böden mit einem nicht unwesentlichen Steinanteil, die für das Wachstum und die Entwicklung des Weines eine eher positive Standortkomponente darstellen, weil sie in volkstümlicher Ansprache „Goldene Steine“ genannt werden. 7 ha Rebfläche sind die durchschnittliche Größe im Gebiet, die Familie bewirtschaftet 30 Hektar. Ablieferung an eine Genossenschaft ist die übliche Veredlungsform in Beaujolais, die Familien verarbeiten und vermarkten aber alles selbst. Handlese bei der Ernte ist noch weit verbreitet oder gehört zur Vermarktungsphilosophie der Region. Daher kommen zur Weinlese etwa 25 – 30 Saisonkräfte  auf das Weingut, während des Jahres ist neben den Familienarbeitskräften (2 Generationen) nur noch eine Fremd-Arbeitskraft beschäftigt.
Sehr beeindruckend war das Gesamtbild des Weingutes mit gut erhaltenen alten Gebäuden (Wohnhaus und Wirtschaftsareal in Vierseitbauweise) und mit neuer Bausubstanz in gelungenem Abstand zum Bestehenden. Dieser Teil dient vor allen dem Marketing und Verkauf der Weine. Weißwein ist in Beaujolais von untergeordneter Bedeutung und der Rotwein überwiegend nur von einer Sorte (Gamay-Rebe). Auch in der Kellertechnik haben die Winzer der Region sich etwas Eigenes ausgedacht, damit haben sie sich auch ein weltweites Image aufgebaut. Das Weingut kann einen beträchtlichen Teil seines Rotweines z. B. nach Japan vermarkten. Abschließend soll nicht verschwiegen werden, dass wir eine exzellente Weinprobe genießen konnten.

Zurück am Schiff verabschiedeten wir uns von unserer Reiseleiterin und erlebten den letzten Abend und die letzte Nacht in liebgewonnener Atmosphäre. Der nächste Tag begann frühzeitig, hatten wir doch wieder eine lange Busreise vor uns. Die Rückfahrt ging über die Schweiz. Im Vorbeifahren genossen wir die Bergwelt der französischen und schweizerischen Alpen, den Genfer See mit seinem Umland und kamen zur Mittagszeit im „Schweizer Seenland“ auf der Höhe von Bern an. Es sind der Neuenburger See (Lac de Neuchatel), der Murtensee (Lac de Morat) und der Bieler See, die dem Umland den Namen gaben. Sie alle haben eine Höhenlage von 429 m ü. N.. Das unmittelbar angrenzende oder dazwischenliegende Land ist nicht wesentlich höher und war bis Ende des 19. Jh. ein stark versumpftes und häufig überschwemmtes Moosgebiet. Die Wasserregulierungen, die um 1870 – 1890 begannen und Ergänzungen in 1939 und den 60er Jahren des letzten Jh. erforderten, haben die landwirtschaftliche Nutzung weiter Areale erst möglich gemacht. Heute ist das Seenland das größte und wichtigste Gemüseanbaugebiet der Schweiz. Heute werden die Drainagesysteme in einer Doppelfunktion genutzt: Bei Trockenheit wird das Wasser im Boden zurückgehalten, bei Niederschlägen die Abflussröhren geöffnet.

Im Kanton Bern besuchten wir eine Familie, sie seit 450 Jahren in der Region urkundlich bekannt ist. Der Junior führt mit seiner Frau den Gemüsebetrieb mit 27 Hektar  Betriebsfläche. Angebaut werden alle bekannten Gemüsearten. Heute ist die Abdeckung im Frühjahr mit Folie weit verbreitet. In ungünstigen Jahren bringt sie einen zeitlichen Vorteil von etwa 2 Wochen früherer Ernte. In früheren Jahren wurden die Jungpflanzen aus Holland eingeführt, mit vielfach ungünstigen Anwuchsergebnissen. Heute hat sich ein Anzuchtbetrieb in der Region etabliert, so dass dieses Problem heute nicht mehr besteht. Neben Gemüse ist der Kartoffelbau ein zweites wichtiges Standbein. Diese werden entweder direkt verkauft oder eingelagert (100 t) und in heute üblicher Form behandelt (gewaschen), abgepackt (10 kg Gebinde) und abgeholt. Besonders zur Ernte im Herbst sind Helfer aus Polen eingesetzt.
Vor 27 Jahren hat die Familie eine ehemalige Stallung in einen Gesellschaftsraum umgebaut. Gruppen können auf Bestellung dort eine Vesper - oder wie wir – ein Mittagessen einnehmen, heute ist dies die Aufgabe der Eltern. Eine Betriebsführung wäre sicher sehr interessant gewesen, doch zeitliche Gründe verlangten eine baldige Weiterfahrt. Vielleicht gelingt uns bei einer späteren Lehrfahrt nochmals ein Besuch, dann können wir das noch nachholen.

Bei Sinsheim im Kraichgau hatten wir wieder den notwendigen Fahrerwechsel und konnten nun in Ruhe – obwohl im Zeitplan ziemlich nach hinten gerutscht – noch eine Besichtigung ohne Zeitdruck angehen. In Windisch-Bockenfeld – ein großer Name für einen landwirtschaftlich geprägten kleinen Weiler – besuchten wir ReiseService VOGT. Seit fast 30 Jahren organisieren wir unsere Lehrfahrten in Zusammenarbeit mit diesem Unternehmen. Weil ein großer Entwicklungsschritt bzw. eine soeben abgeschlossene Baumaßnahme des Unternehmens mein Interesse weckte und ein Besuch in diesem Jahr gut zur Route passte, war es mir ein Anliegen, die Örtlichkeiten und die Familie von RS Vogt allen Teilnehmern einmal vorzustellen. Dieter Vogt, gelernter Landwirt, hat in jungen Jahren sein Talent für Busfahrten und zur Organisation von Reisen erkannt. Aus kleinen Anfängen in 1988 ist er heute der Spezialist für Agrarreisen in Deutschland geworden. Dort, wo bis vor kurzem noch der Schweinemaststall stand, ist jetzt ein modernes Gebäude für Mitarbeiter und Kundenbetreuung entstanden. Beeindruckend ist  seine Unternehmensentwicklung im Reiseservicebereich. Ebenso beeindruckend war aber auch die Vorstellung der familiären und betrieblichen Ausgangslage und der dann Zug um Zug sich ändernden Aufgabenstellungen und Zielsetzungen für das anfängliche Nebeneinkommen, das dann mehr und mehr zum wirtschaftlichen Hauptstandbein wurde. Tochter Sarah und Ehefrau Tina haben ihn dabei routiniert und charmant unterstützt. Weitere Informationen gibt es unter www.reiseservice-vogt.de.
Im Hohenloher-Land im äußersten Nordosten von Baden Württemberg (Gemeinde Schrozberg) hat die Landwirtschaft noch eine dominierende Rolle. Fruchtbare Böden, wenig Wald, gute bäuerliche Betriebsstrukturen mit meist Zuchtsauen- und/oder Mastschweinehaltung führen zu dieser Situation. Arbeitsplätze der Wirtschaft sind meist weit entfernt. Neben dem nächstgelegenen Rothenburg o. d. T. vorwiegend in den Städten (Künzelsau, Crailsheim oder Schwäbisch-Hall). Umso wertvoller ist die Schaffung von 20 lukrativen Arbeitsplätzen im Dienstleistungsbereich. 

Das Ganze hat uns sehr beeindruckt – gefreut haben wir uns natürlich auch über ein gutes Vesper. Schließlich mussten wir uns aber doch von Familie Vogt verabschieden und die letzte Strecke nach Hause antreten. Mitternacht war schon vorüber, als wir müde, aber zufrieden und vollgestopft  mit vielen und schönen Erinnerungen ankamen.

Helmut Schelhorn, Reiseleiter