Lesen Sie hier einen Reisebericht von einer Gruppe, die mit uns nach Griechenland verreist war.
Vielen Dank an Charlotte Landes für die tollen Reiseeindrücke.

 

REISEBERICHT:
Thrakien & Evros-Delta - das unbekannte Griechenland...

 

Anfang November machten sich 26 Reiselustige auf den Weg Griechenland zu entdecken. Das Ziel war Thrakien, eine Region im Nordosten des Landes an der Grenze zur Türkei. Viele verschiedene Erwartungen und auch Fragen waren bei den Teilnehmern vorhanden. Informationen über die wirtschaftliche und politische Situation im Land hatten wir ja in den vergangenen 2 Jahren zu genüge. Wie wird es sich aber vor Ort darstellen? Was sagen die Leute selbst? Unser Programm bot ausreichend Gelegenheit Leute und Land, besonders die Landwirtschaft und Landwirte kennenzulernen.


Griechenland empfing uns mit strahlendem Sonnenschein und blauem Himmel. Unser Hotel in Alexandroupolis lag direkt am blauen Meer am Rande des Stadtzentrums. Gleich am ersten Abend führten uns unsere örtlichen Reiseführerinnen zu den Restaurants und Kneipen um den ersten griechischen Wein zu probieren.

 

Die folgenden 3 Tage stand die Landwirtschaft im Blickpunkt. Besuch eines Olivenbetriebes mit „Mithilfe“ bei der Ernte. Wir wissen nun, dass es trotz Maschinenunterstützung kräftiger Oberarme zur Ernte von Oliven bedarf. In der Olivenpresse waren wir zum Teil überrascht vom Geschmack von frischgepresstem Olivenöl. Mehrere Kanister Öl fanden deshalb den Weg nach Hohenlohe. Es gab Seide und Wein in Soufli, wenige Vögel im Evros Delta (es war noch zu warm) und eine beeindruckende Herde von 400 Milchziegen zu entdecken. Für den Aufbau einer erfolgreichen Direktvermarktung von Fleischwaren und eigenem Käse haben sich die Betriebsleiter (2 Brüder) Anregungen bei einer Besichtigungstour bei Direktvermarktern im Südschwarzwald geholt. Am dritten Abend gab es einen Gesprächsabend mit Landwirten auf Wunsch der Griechen. Dazu gibt es am Ende des Berichtes Näheres.


Selbstverständlich haben wir auch versucht, die reichhaltige regionale Küche zu testen und wurden nicht enttäuscht. Fisch aus Meer und Fluss, Fleisch und viel Gemüse, noble Restaurants und Tavernen mitten in den Feldern, davor einen kräftigen Schluck Schnaps, dazwischen ein Glas Wein. Entsprechend entspannt und heiter begannen und endeten manche Menüs…

 

Den Abschluss unserer Landpartie bildete ein geselliger Abend mit griechischer Musik, Tanz und natürlich gemeinsamen Essen. Unsere Reiseführerin, ihr Mann und ein Freund begeisterten uns mit ihrer traditionellen Musik und animierten die ganze Truppe zum Tanzen und Singen. Ungeahnte Fähigkeiten kamen da zu Tage!


Am nächsten Tag ging es wieder Richtung Thessaloniki. Im antiken Philippi konnten wir gut erhaltene Bauten und Fragmente aus der Antike bestaunen. Die örtliche Führerin vermittelte uns in perfektem Deutsch sehr unterhaltsam nicht nur die baulichen Unterschiede zwischen einem antiken griechischen und römischen Theater, sondern auch die Feinheiten einer römischen Toilettenanlage.
Am letzten Abend tauchten wir in den Trubel einer Millionenstadt ein. Schaufensterbummel, Cafés an der Hafenpromenade, Restaurants und nächtliches Treiben. Thessaloniki präsentierte sich sehr jung und lebendig. Der angekündigte Generalstreik an unserem Abreisetag wurde bei einer kleinen Stadtführung besichtigt. Beeindruckend war die Beschallung des Versammlungsplatzes, aber weniger die Zahl der Teilnehmer. So stand unserer Heimreise nichts mehr im Wege und nach 6 Tagen landeten wir reich an Eindrücken wieder in der Heimat.

An unserem gemeinsamen Gesprächsabend mit ca. 12 örtlichen Landwirten, jung und alt und 6 Hohenlohern konnten viele Themen nur kurz angesprochen werden. Es war interessant und informativ, welche Fragen kamen, wie die Beteiligten (aus beiden Ländern) manche Themen sehr unterschiedlich betrachteten und alle sehr engagiert diskutierten.


In den vielen Gesprächen bei den Hofbesuchen und vor allem bei diesem Diskussionsabend haben sich einige Punkte herauskristallisiert, die unserer Meinung nach die besondere Situation der Landwirtschaft und der Landwirte in Griechenland prägen:
Es gibt keine landwirtschaftliche Ausbildung wie bei uns. Entweder man lernt sein Handwerk vom Vater und besucht noch einige Spezialkurse mit wenig oder mehr Inhalt. Oder man studiert Landwirtschaft an der Universität. Es gibt eine gute private Schule mit dem Angebot einer 3-jährigen Ausbildung mit verschiedenen Schwerpunkten (Pflanze, Tier, Molkerei etc.). Die Kosten für Schule und Internat sind selbst zu tragen.


Es gibt nur wenige Angebote für landwirtschaftliche Beratung, weder staatlich noch halbstaatlich oder privat. Die Fachleute der Universität interessieren sich für die Wissenschaft, aber selten für die Praxis. Die staatlichen Einrichtungen sind für die Verwaltung zuständig. Es gibt keine Forschungseinrichtungen als Mittler zwischen Forschung und Praxis wie bei uns. Beratungsringe oder ähnliches sind größtenteils unbekannt. Manchmal haben größere Landhändler Mitarbeiter, die bei Fragen zu einzelnen Kulturen hinzugezogen werden können. Dies bedeutet natürlich auch, dass es z. B. unabhängige Sortenvergleiche, wie bei uns die jährlichen Landessortenversuche in Getreide oder Mais nicht gibt und damit diese Informationen nicht zur Verfügung stehen.

Der Strukturwandel wird gehemmt durch fehlende außerlandwirtschaftliche Arbeitsplätze. Außerdem kann bei Bezug von lw. Altersrente der Betrieb weiter bewirtschaftet werden. Es gibt also keinen Druck, den Betrieb abzugeben oder zu verpachten. Griechenland hat rund 700.000 Betriebe mit einer Durchschnittsgröße von 4,5 ha bei einer Einwohnerzahl von 10 Mio. Die Zahl der Betriebe ist seit ca. 15 Jahren konstant. Selbstverständlich gibt es auch viele größere Betriebe mit 60 ha oder 120 ha, aber auch eine Vielzahl von Kleinstbetrieben.
Viele Fragen drehten sich auch um das Steuerrecht und die landwirtschaftlichen Sozialversicherung. Wir versuchten, diese komplexen Bereiche so verständlich wie möglich darzulegen, aber trotz perfekter Übersetzung war das schwierig.


Die Region Thrakien, die die EU-Außengrenze zur Türkei bildet, wurde in den vergangenen 15 Jahren wiederholt von Tierseuchen heimgesucht. Die Grenze bildet der Fluss Evros mit einem riesigen Delta. Es ist nicht möglich, Wildschweine und andere Wildtiere vom Grenzübertritt abzuhalten. Maul- und Klauenseuche, Blauzungenkrankheit, Schafpocken und in diesem Jahr eine neue Krankheit, uns unbekannt, die über die Türkei eingeschleppt wurde. Viele Herden wurden deshalb gekeult. Eine Verarbeitung und Vermarktung von Tieren ist in der Region fast nicht mehr vorhanden. Der nächste EU-Schlachthof ist 80 km entfernt.
Es scheint, aus welchen Gründen auch immer, bei den Landwirten ein grundlegendes Misstrauen gegenüber Handels- und Vermarktungspartner da zu sein. Die Erfahrungen mit den bisherigen „Genossenschaften“ waren überwiegend schlecht. Im vergangenen Jahr wurden viele der örtlichen lw. Genossenschaften durch den Staat zwangsaufgelöst. Viele Fragen gab es deshalb natürlich zu unserem Modell „Maschinenring“. Wie ist die Zusammenarbeit organisiert? Wer hat das Sagen? Was passiert, wenn eine Maschine im Einsatz kaputt geht? Maschinengemeinschaften und ähnliche Formen der Zusammenarbeit werden bisher selten in Griechenland angewandt.


Alle Fragen, mit denen wir angereist waren, konnten in der kurzen Zeit natürlich nicht beantwortet werden. Vor allem sind viele neue Fragen während der Reise aufgetaucht! Wir haben unsere Gastgeber eingeladen uns und die Landwirtschaft in Deutschland zu besuchen. Nur wer sich in die Fremde wagt, kann auch mit neuen Ideen und Anregungen zurückkommen!